
Unbezahlt und fremdbestimmt: Wenn Frauen ihre Zeit verlieren
Unbezahlte Arbeit bleibt in Deutschland unsichtbar – trotz ihrer entscheidenden Rolle für Gesellschaft und Wirtschaft. Neben der unbezahlten Sorgearbeit, die weiterhin übersehen und nicht ausreichend gewürdigt wird, stehen auch grundlegende Rechte von Frauen und Minderheiten zunehmend unter gesellschaftlichem Druck. Diese Rechte werden von politischen und gesellschaftlichen Kräften fremdbestimmt, die traditionelle Rollenbilder und Einschränkungen verstärken wollen. Ein Ausdruck der Retraditionalisierung des öffentlichen Diskurses ist die moderne Hexenjagd auf die Kandidatin für das deutsche Verfassungsgericht, Brosius-Gersdorf – eine renommierte Wissenschaftlerin, die sich in einer Kommission verfassungsrechtlich für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs vor der zwölften Woche und damit für die Stärkung der reproduktiven Rechte von Frauen eingesetzt hat. Aktuelle Berechnungen vom Institut CloseEconDataGap zur Bruttowertschöpfung aus Daten der Zeitverwendungserhebung 2022 DE zeigen, dass die Zeitsouveränität der Frau in Deutschland ebenso wenig gesichert ist, wie das Recht auf Selbstbestimmung des eigenen Körpers.
Wir laden Expert*innen, Journalist*innen und alle Interessierten herzlich zum Expertinnengespräch mit wichtigen Analysen und Ergenissen aus der Zeitverwendungserhebung Deutschland 2022 ein.
Mit Berechnungen von:
Dr. Christine Rudolf, Politische Ökonomin, Institut CloseEconDataGap, Geschäftsleitung Economieféministe
Dr. Verena Löffler, Ökonomin mit Schwerpunkt Sozialpolitik, Institut CloseEconDataGap, Mitglied des FRIBIS Forschungsteam care der Universität Freiburg
Die Veranstaltung bietet exklusive Einblicke in die Methodik der Berechnung der Bruttowertschöpfung, Informationen über die zugrunde liegenden Daten der Zeitverwendungserhebung 2022, wichtige Ergebnisse sowie deren Potenzial für wissenschaftliche Analysen, politische Strategien und öffentliche Debatten.
Die Berechnung der Brutto-Wertschöpfung erfolgt nach dem Vorbild des Statistischen Bundesamtes der Schweiz – eine Methodik, die es in dieser Form in Deutschland bisher nicht gibt. Sie ermöglicht es, die volkswirtschaftliche Bedeutung unbezahlter Arbeit fundiert und adäquat darzustellen.
Moderation der Veranstaltung und die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt wieder Elisabeth Sechser, CaringEconomy.Jetzt, Institut CloseEconDataGap
Wann: 8. August 2025
Uhrzeit: 12:00–13:00 Uhr / Online
Anmeldung: events@caringeconomy.jetzt
„Es ist faszinierend und erschreckend, dass Frauen unabhängig von ihrer Lebenssituation – mit oder ohne Kinder, alleinlebend oder in einer Partnerschaft – mehr unbezahlt arbeiten und leisten als Männer. Wir wurden dazu erzogen, uns unbezahlt in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, und müssen uns dann noch gegen Vorwürfe wehren, dass wir zu wenig arbeiten würden.“
– Dr. Verena Löffler, Ökonomin
Zeitverwendungserhebung 2022: Wer trägt den Alltag?
Frauen stemmen den Großteil der unbezahlten Arbeit und legen mit dieser Sorgearbeit den Grundstein für volkswirtschaftliches Wachstum.
Unsere Zahlen belegen, dass der unbezahlte Sektor, der in Deutschland nicht nur die Grundlage für Wohlstand legt, sondern auch am meisten dazu beiträgt, ein unberechtigtes Schattendasein führt. Daher fordern wir andauernd und vehement die offizielle Aufnahme in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung nach internationalen Standards.
Um die Ausmaße dieser Ungleichheit genauer zu verdeutlichen, haben wir drei zentrale Thesen zur Zeitverwendungerhebung formuliert, die aufzeigen, wie unterschiedlich die Zeitverwendung zwischen Frauen und Männern auch heute noch verteilt ist:
- Frauen leisten wie vor zehn Jahren unverändert mehr unbezahlte Arbeit als Männer.
- Frauen mit Kindern leisten fast doppelt so viel unbezahlte Arbeit wie Männer und Frauen ohne Kinder.
- Alleinlebende und alleinerziehende Frauen arbeiten deutlich mehr unbezahlt als Männer.
„Frauen arbeiten immer mehr, rechnen wir bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammen, ist die gebundene Zeit von Frauen in den letzten Jahren gestiegen. Frauen werden damit nicht nur im privaten Haushalt, sondern auch in der Erwerbswirtschaft als Lender of Last Resource. Einer Ressource, die scheinbar ohne Probleme ausgebeutet, schlecht oder unbezahlt bleibt. Damit werden keine Probleme gelöst, sondern nur auf Schultern abgeladen, die sowieso schon viel tragen. Wie sieht unser Leistungsbegriff aus?“
– Dr. Christine Rudolf, Ökonomin
Christine Rudolf, Verena Löffler und Elisabeth Sechser arbeiten am unabhängigen Institut CloseEconDataGap Deutschland, Österreich und der Schweiz. Viele Daten zur Analyse von Geschlechtergerechtigkeit fehlen oder werden nicht ausreichend ausgewertet. Das Institut CloseEconDataGap deckt diese Lücken auf und weist auf notwendige Verknüpfungen hin. Das Team arbeitet die dadurch verursachten Verzerrungen von Entscheidungsgrundlagen für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft heraus, untersucht mit Hilfe von vorhandenen statistischen Daten und Wirtschaftstheorien die zeitliche Arbeitsverteilung und legt die unterschiedlichen Geldströme von Frauen und Männern auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene offen. Ziele sind ökonomische Ungerechtigkeiten aufzuzeigen, zu beziffern und die ökonomischen Datenlücken zu schließen.
Presse & Koordination: Elisabeth Sechser – Alle Ergebnisse und Empfehlungen werden auch auf Anfrage zur Verfügung gestellt. Wir freuen uns sehr über eine Berichterstattung.